2013/12/08

Mögliche Theorieansätze

Heute möchte ich kurz darauf eingehen, auf welcher theoretischen Grundlagen meine Forschungsarbeit stehen soll bzw., wohin meine Gedanken diesbezüglich gehen.  

Wie bereits aus dem letzten Blogeintrag ersichtlich, war mein Ausgangspunkt die Theorie der Defekten Demokratie und embedded democracy von Wolfgang Merkel. Sehr, sehr kurz gesagt, besteht nach dieser Theorie eine Demokratie aus fünf verschiedenen Teilregimen, die in ihrer Gesamtheit in bestimmte Rahmenbedingungen eingebettet sind. Das ergibt ein meines Erachtens  adäquates Analysemittel, um demokratische Systeme und ihre möglicherweise gegebenen Defizite Schritt für Schritt zu betrachten und zu benennen. 

In Bezug auf mein Thema hat sich die Theorie zudem als sehr nützlich erwiesen, da ihre Kategorien und Kriterien sich als kompatibel mit denen der Beitrittsbedingungen der EU erwiesen. In anderen Worten: Die Beitrittsbedingungen der EU an Rumänien enthielten genau solche Punkte, die bei Erfüllung im Sinne der Theorie Merkels zu einem Ablegen der Defekte der rumänischen Demokratie hätten führen müssen. Mit dem Beitritt Rumäniens - also der Erfüllung aller Beitrittskriterien - hätte das Land somit also auch keine defekte Demokratie mehr sein dürfen.
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Das hat soweit auch funktioniert, sowohl theoretisch als auch praktisch. Aber keine Theorie ist ohne Schwachpunkte. Das Konstrukt der Defekten Demokratie lässt etwa außer Acht, dass es auch zwischen konsolidierten Demokratien Qualitätsunterschiede geben kann: Nur weil die Demokratie eines Landes X nicht defekt ist, muss sie nicht so gut funktionieren wie die des Landes Y. Wo aber liegt die Grenze zwischen, salopp gesagt, "könnte besser sein" und "defekt"? 

Das war aber nicht das einzige Problem. Eine der größten Herausforderungen, an denen Rumänien seit Jahren arbeitet, ist die Bekämpfung der Korruption im Land. Korruption wirkt laut Merkel jedoch in jedes Teilregime einer Defekten Demokratie. Sie hebelt damit das Analysemittel, das ja eben auf der Trennung und schrittweisen Analyse des demokratischen Systems beruht, aus. 

Ich brauche also entweder eine neue theoretische Grundlage, oder muss mein bisheriges Konzept mindestens erweitern. Die Konzepte, die ich dazu ins Auge gefasst habe, ist zum einen die Transformationsforschung, die Europäisierungsforschung und die Forschung zu politischen Eliten. 

Insbesondere letztere ist in Bezug auf Rumänien interessant, da ich jetzt mehrmals in der Literatur die Aussage gefunden habe, dass die pollitische Elite in Rumänien nach der Wende nicht vollständig ausgetauscht wurde, sondern ihre Machtstrukturen und klientelistischen Verbindungen bis heute fortbestehen. Wenn aber eine Elite schon demokratische Grundregeln missachtet, ist die demokratische Konsolidierung eines Landes von vornherein gefährdet. 

Der Nachteil diese Ansatzes für mich ist, dass ich zur Beantwortung meiner Fragestellung den Nachweis einer positiven Beeinflussung der EU auf die rumänischen politischen Eliten erbringen müsste. Es müsste also analyisiert werden, wer die politischen Eliten zu den gegebenen drei Punkten meines Zeitvergleiches sind, und wie die EU auf diese einwirkt bzw. eingewirkt hat. In Umfang und Umsetzung ist dies aus meiner Position eher ... unmöglich. Außerdem verschiebt es den Fokus meiner Arbeit, die sich ja auf die rumänische Demokratie "an sich" konzentrieren soll. 

Politische Eliten sind also eine Frage für ein anderes Forschungsprojekt. Bleibt die Transformations- und Europäisierungsforschung - und ein Fokus auf diese Ansätze in einem späteren Blogeintrag ...

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